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Neues Bild der Fürstin Pauline zur Lippe

Lippisches Landesmuseum erhält neues Ölgemälde

Fürstin Pauline zur Lippe ist heute eine der populärsten Vertreterinnen des Hauses zur Lippe. Mit ihr verbindet man vor allem ein ausgeprägtes Engagement für sozial Benachteiligte sowie zahlreiche Innovationen zur Linderung prekärer Lebenssituationen.

Dies und die Tatsache, dass sie als Frau in einer noch fast ausschließlich von Männern dominierten Gesellschaft die Geschicke ihres Landes für 20 Jahre maßgeblich prägen konnte, bewirken heute ein ausgesprochen positives Image Paulines. 

Schließlich prägen das Streben nach einem sozial ausgewogenen Gesellschaftsgefüge und die Frage nach der Rolle der Frau die derzeitigen gesellschaftspolitischen Debatten:

Pauline eignet sich derzeit hervorragend als Vorbild. Dies führte unter anderem dazu, dass ihr in den letzten Jahrzehnten trotz Abschaffung der Monarchie Ende 1918 in Lippe verschiedene Denkmäler gesetzt wurden, wie beispielsweise im Kurpark von Bad Meinberg. Pauline Christine Wilhelmine wurde am 23. Februar 1769 als Prinzessin von Anhalt-Bernburg in der Residenz zu Ballenstedt am Harz geboren.

In ihrer Jugend erhielt sie eine gründliche Erziehung: Sie erlernte u. a. Latein, Französisch und Italienisch, wurde in Staatstheorie unterrichtet und entwickelte durch reformierten Religionsunterricht eine ausgeprägte Religiosität. Durch ihre Heirat mit Fürst Leopold I. zur Lippe im Jahre 1796 gelangte sie in die Rolle einer Landesherrin, die ihr durch die zunehmende Regierungsunfähigkeit ihres Mannes eine Führungsrolle abverlangte. Nach dem Tod Leopolds I. 1802 übernahm sie für ihren noch unmündigen Sohn Leopold II. bis 1820 die Regierung im Fürstentum Lippe. In dieser Zeit sicherte sie durch Verhandlungen mit Napoleon I. von Frankreich die Souveränität Lippes und machte sich durch diverse Sozialreformen, die u. a. die Einrichtung einer ersten „Kinderverwahranstalt“ in Deutschland und Pflegeanstalten für Bedürftige beinhaltete, einen Namen.

Weniger erfolgreich war Pauline allerdings in der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Bildnisse von Fürstin Pauline existiert eine ganze Reihe von gemalten Porträts, die sich vor allem in den Sammlungen des Residenzschlosses in Detmold und des Lippischen Landesmuseums befinden. Seit der frühen Neuzeit ließen europäische Adels- und Herrscherfamilien Porträts von sich anfertigen. Diese Porträts dienten der Herrscherrepräsentation und Legitimation, durch sie wurden Botschaften an die Betrachter übermittelt. Fürstin Pauline ließ insbesondere im Jahr 1801 eine Reihe von Bildern anfertigen, was vermutlich mit der sich abzeichnenden Regierungsunfähigkeit bzw. Tod ihres Ehemanns Leopold I. zusammenhing.

Sie musste Präsenz in der Gesellschaft durch ihre Bildnisse schaffen, um sich als zukünftige Regentin zu empfehlen. Eine Reihe von kleinformatigen Porträts diente allerdings nicht der großen Repräsentationskunst, sondern bildete bereits ein durch die Aufklärung von alten gesellschaftlichen Zwängen befreites Menschenbild und die Konventionen der sich entwickelnden bürgerlichen Gesellschaft ab. Pauline ließ sich der Mode à la Greque entsprechend mit antikisierenden Kleidungsstücken wie dem Chemisenkleid abbilden.

Einige Bilder ließ sie von Johann Christoph Rincklake (1764-1813), in Westfalen einem der gefragtesten Porträtisten seiner Zeit, anfertigen. Er war der Sohn eines Schreiners und erhielt seine künstlerische Ausbildung in Berlin, Wien, Dresden und Düsseldorf. Zu seinen Lehrern gehörte der berühmte Porträtmaler Anton Graff. Rincklake verband die individuellen Züge der Gemalten mit dem „allgemeinen Menschenbild“ seiner Zeit in seinen ausdrucksstarken Werken. Zwei dieser eher kleinformatigen, von Rincklake gemalten Bildnisse befinden sich im Besitz des Lippischen Landesmuseums und sind aufgrund der hohen Qualität sowie der geradezu „menschlichen“ Anmutung bekannt und populär. Auf beiden ist Pauline in antikisierenden, luftigen Kleidern gewandet, die durch den Rückbezug auf die Antike während der Französischen Revolution und der napoleonischen Zeit um 1800 der Mode der Zeit entsprachen. Durchsichtige Schals verhüllen teilweise ihr dunkles, gelocktes Haar. Eine schlichte Perlenkette ziert ihr Dekolleté. Den Kopf leicht nach rechts geneigt, „blickt“ sie offen die Betrachter an.  

Ein neues Bild – Die Lippische Museumsgesellschaft e. V. ermöglichte dem Lippischen Landesmuseum durch großzügige Unterstützung den Ankauf eines bisher unbekannten und in seiner Qualität bemerkenswerten Ölgemäldes des Malers Rincklake. Es stammt aus dem Jahr 1801 und stellt Fürstin Pauline, die am Fenster sitzend ein Buch in der Hand hält, dar. Ebenso wie auf den beiden anderen Porträts ist sie zeitgemäß gekleidet: blaues Kleid, weißer, durchscheinender Mantel mit goldener Borte sowie Sternen-Rapport, erneut eine Perlenkette sowie statt eines Schals ein mit Perlen und einem Rubin besetztes Diadem. Sie sitzt auf einem Lehnstuhl am Fenster, hält ein Buch in der Hand, doch unterbricht sie ihre Lektüre, den Kopf auf die rechte Hand gestützt, um nach draußen zu schauen. Diese Pose ist Ausdruck ihrer Bildung und damit der Fähigkeit, ein Land zu regieren. Auf dem Fensterbrett steht eine blühende rote Rose, vermutlich der Hinweis auf das Wappen der Familie zur Lippe. Die Entdeckung dieses neuen Pauline-Porträts ist eine kleine Sensation. Es war bisher nur durch eine Lithografie nach einer Rincklake-Zeichnung aus dem Jahr 1833 bekannt. Von Heinrich Pollem kopiert, weicht die Lithografie-Vorlage in einigen wenigen Details vom Ölbild ab. Pollems Abzeichnung diente als Vorlage, um in gedruckten Medien unbegrenzt vervielfältigt werden zu können. Bisher war unbekannt, dass Rincklake dieses Motiv auch in Öl ausgeführt hatte. Das Porträt stellt dank der Lippischen Museumsgesellschaft e.V. eine große Bereicherung für die Kenntnis der Pauline-Bildnisse im Allgemeinen und für die Sammlungen des Lippischen Landesmuseums dar.

Für das Jahr 2020 plant das Lippische Landesmuseum eine große Pauline-Ausstellung anlässlich ihres 200. Todesjahres, in der auch das neue Porträt gezeigt wird. Derzeit ist es bereits im Rahmen einer kleinen Sonderschau zu sehen. Dr. Michael Zelle Direktor des Lippischen Landesmuseums Detmold.

Literatur:

H. Niebuhr, Eine Fürstin unterwegs. Reisetagebücher der Fürstin Pauline zur Lippe 1799–1818.
Lippische Geschichtsquellen 19 (Detmold 1990).
J. Prieur (Hrsg.), Frauenzimmer – Regentin – Reformerin.
Fürstin Pauline zur Lippe 1802–1820. Sonderveröff. NHV 69 (Detmold 2001).